Streckspannung

Was ist die Streckspannung?

Durch spe­zi­el­le Zusät­ze im Fila­ment ver­sucht jeder Her­stel­ler die mecha­ni­schen Eigen­schaf­ten in die eine oder ande­re Rich­tung zu ver­än­dern, um so ein Fila­ment mit ganz spe­zi­el­len Eigen­schaf­ten zu kre­ieren. Um Aus­sa­ge­kräf­ti­ge Erg­benis­se zu erhal­ten wur­den in soge­nann­ten Nor­men bestimm­te Abläu­fe fest­ge­legt. Damit ist ein genau­er Test­ab­lauf ver­ein­bart und die Ergeb­nis­se sind auch zwi­schen ver­schie­de­nen Her­stel­lern ver­gleich­bar. Es gibt eine gan­ze Rei­he von Kenn­wer­ten die für Fila­men­te übli­cher­wei­se ermit­telt wer­den. Die Streck­span­nung ist einer die­ser Kenn­wer­te und wird im Zug­ver­such nach DIN EN ISO 527–1, ASTM D 638 oder ASTM D 882 ermit­telt. Die DIN EN ISO 527–1und ASTM D 638 sind tech­nisch gleich­wer­tig und die Ergeb­nis­se damit ver­gleich­bar. Die Streck­span­nung nach ASTM D 882 kann nicht direkt mit den bei­den ande­ren Metho­den ver­gli­chen werden.

Die Streck­gren­ze oder Streck­span­nung ist ein häu­fig in Daten­blät­tern zu Fila­men­ten anzu­tref­fen­der Wert. Sie wird im eng­li­schen als »Ten­si­le strength« oder »Ten­si­le strength at yield« bezeich­net. Eine Streck­span­nung als Mate­ri­al­kenn­wert wird in MPa ange­ge­ben, was soviel bedeu­tet wie Kraft pro Flä­che. Je mehr Kraft auf die glei­che Flä­che ein­wirkt des­to höher ist die Spannung.

Wie wird die Streckspannung ermittelt?

Soll­test du nicht wis­sen was ein Zug­ver­such ist, lies dir schnell noch ein­mal die­sen Arti­kel durch. Dann ver­stehst du die fol­gen­de Erklä­rung garan­tiert. Es wird im Prin­zip eine Pro­be aus dem zu tes­ten­den Fila­ment zwi­schen zwei Klemm­ba­cken ein­ge­spannt. Die Zug­prüf­ma­schi­ne fährt die­se Backen dann ganz lang­sam und gleich­mä­ßig aus­ein­an­der. Dabei misst Sie die Kraft wel­che auf die Pro­be wirkt und den Weg den sie dabei zurück­legt. Es ergibt sich ein typi­sches Span­nungs-Deh­nungs-Dia­gramm, wel­ches für unter­schied­li­che Kunst­stof­fe ganz unter­schied­lich aus­se­hen kann. Ach­tung! Span­nung meint hier nicht die elek­tri­sche Kenn­grö­ße Span­nung, son­dern die mecha­ni­sche Kenn­grö­ße. Die Span­nung ist die Kraft geteilt durch die Flä­che auf die sie wirk. Hier siehst du ein Span­nungs-Deh­nungs-Dia­gramm für ver­gleichs­wei­se sprö­de Kunst­stof­fe wie PLA:

Spannungs-Dehnungsdiagramm für spröden Kunststoff wie PLA Filament
Streck­span­nung für sprö­den Kunst­stoff im Spannungs-Dehnungs-Diagramm

Die Streck­span­nung ist das ers­te Span­nungs­ma­xi­mum im Span­nungs-Deh­nungs­dia­gramm des Zugversuchs. 

Was sagt die Streckspannung aus?

Die Streck­span­nung ist das abso­lu­te Maxi­mum bis zu wel­chem ein Werk­stoff belas­tet wer­den soll­te. Wird die Streck­s­pn­nung über­schrit­ten kommt es meist bei wei­te­rer Belas­tung rela­tiv schnell zum Bruch. Wird das Bau­teil nur unter­halb der Streck­span­nung belas­tet so nimmt es wahr­schein­lich kei­nen dau­er­haf­ten Scha­den und kehrt in sei­ne Ursprungs­form zurück. 

Ist eine höhere Streckspannung besser?

Ein Fila­ment, bei dem eine höhe­re Streck­span­nung im Daten­blatt ange­ge­ben ist, ist nicht unbe­dingt bes­ser. Eine hohe Streck­span­nung wird meist von rela­tiv sprö­den Kunst­stof­fen wie PLA erreicht. Das heißt bei Belas­tung des 3D Drucks mit einer Kraft steigt die Span­nung schnell an, da der Kunst­stoff wenig elas­tisch ist. Wird die Streck­span­nung über­schrit­ten, kommt es bei sol­chen Kunst­stof­fen schnell zum Bruch, ohne dass sich das Bau­teil wei­ter ver­formt. Solch ein Ver­hal­ten ist für eine sta­ti­sche Belas­tung, wie einen Wand­ha­ken an dem etwas hängt das nicht mehr bewe­get wird, geeig­net. Setzt Du dei­nen 3D Druck einer dyna­mi­schen Belas­tung aus, wie sie zum Bei­spiel auf ein Zahn­rad wirkt, bist du mit einem etwas elas­ti­sche­ren Kunst­stoff bes­ser bera­ten. Wie gut ein Mate­ri­al plötz­li­che Belas­tun­gen auf­nimmt ohne zu Bre­chen wird im übri­gen durch die Schlag­zä­hig­keit angegeben. 

Darf ich meine Drucke nach der Streckspannung auslegen?

Nein! Du darfst nie­mals anneh­men dass ein von dir her­ge­stell­ter 3D Druck die glei­chen Eigen­schaf­ten auf­weist wie vom Her­stel­ler im Daten­blatt ange­ge­ben. Zum einen hat dein Druck wahr­schein­lich eine kom­plett ande­re Form als die stan­dar­di­sier­te Pro­be für die Ermitt­lung der Mate­ri­al­kenn­wer­te. Wei­ter­hin wer­den die Pro­ben für die Tests von den Her­stel­lern gar­nicht gedruckt son­dern in einem Stück gege­gos­sen (Spritz­guss­ver­fah­ren). Das ist sehr gut für die Ver­gleich­bar­keit, spie­gelt aber nicht die Rea­li­tät beim 3D Druck wie­der. Beim Druck erzeugst du Schich­ten die mehr oder weni­ger gut anein­an­der haf­ten und so die Streck­span­nung des Bau­teils, meist nega­tiv, beein­flus­sen. Die Mate­ri­al­kenn­wer­te die­nen ledig­lich dazu Fila­men­te ver­schie­de­ner Her­stel­ler zu ver­glei­chen. Und selbst da ist nur bedingt mög­lich. Die Grün­de dafür fin­dest du in die­sem Arti­kel.